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Die Schwalinger Haus-No.22 trägt den Hofnamen "Schoolhus", immer schon. Jedenfalls solange, wie sich die Schwalinger zurück erinnern können - und das ist sehr lange. Es ist tatsächlich die Hofstelle, die zum Bau der ersten Schwalinger Dorfschule gegründet wurde, um die 270 Jahre vor unserer Zeit. Diese Hofstelle ist also auch ein Teil der Schwalinger Schulgeschichte. Als die kleine Kate, in der die erste Schwalinger Dorfschule untergebracht war, für die wachsende Schülerzahl zu klein wurde, errichteten die Schwalinger eine neue, größere Schule. Aber der Hofname "Schoolhus" ist bei der urprünglichen Hofstelle geblieben, wie es in Schwalingen üblich ist. Im Laufe der Jahrhunderte bauten die Schwalinger insgesamt drei Schulgebäude für ihre Schulkinder. Alle drei ehemaligen Schulen liegen dicht beieinander gemeinsam auf einer kleinen Landinsel, die das Schwalinger Wegenetz hier bildet, man könnte sagen: die "Schulinsel". Aber es gibt nur eine Hofstelle hier, die "Schoolhus" heißt - und von der soll hier berichtet werden. Seit der Einführung der Reformation im Stift Verden im Jahre 1579 durch den evangelischen Administrator im Stifte, Eberhard von Holle, war es in unserer Gegend Aufgabe der Kirche, den Christen die Möglichkeit zu eröffnen, die Bibel selbst lesen zu können. Verantwortlich für Erlernen des Lesens war zwar in erster Linie das "christliche Haus", aber darüber standen der Pfarrer und der Küster. Schon im Jahre 1606, also lange vor dem Dreißigjährigen Krieg, forderte daher die Kirchenordnung des evangelischen Bischofs und Landesherrn im Stifte Verden, Herzog Philip Sigismund von Braunschweig-Lüneburg, die Küster auf, in den Flecken und auf den Dörfern Kinderschulen einzurichten: "... [die] der eingepfarrten Leute Kinder fleissig und treulich ihren gaben und vergnügen nach unterweisen sollen, das sie lesen, deutsche psalmen singen und fein fertig den catechismus recitieren lernen." Zur wirklichen Einrichtung von Schulen kam es überwiegend wohl erst viele Jahrzehnte später, lange nach dem Dreißigjährigen Krieg, als die Schweden Landesherren in den Herzogtümern Bremen-Verden waren. Aber noch zu Beginn des 18.Jahrhunderts kommt die jährliche Schulvisitation des Generalsuper-intendenten D.Johannes Dieckmann in den Jahren 1711 und 1718 zu dem Ergebnis, dass die Kinder beileibe nicht überall den geforderten Unterricht genießen und ordnet an: "... daß in jedem Dorfe, wo es tunlich ist, eine Schule sein sollte.” Zu dieser Zeit hatte die Dorfschaft Schwalingen noch keinen Schulmeister bestellt - obwohl nach Einwohnern auf seinen 18 Hofstellen nach Neuenkirchen und Tewel das drittgrößte Dorf im Kirchspiel Neuenkirchen. So ist wohl anzunehmen, dass es "tunlich" gewesen wäre, hier eine Schule einzurichten. Aber es mag sein, dass die Schwalinger das anders gesehen haben und, wie auch in anderen Dörfern der Gegend, die Eingesessenen eher schulunfreundlich eingestellt waren - die Kinder waren wichtige Arbeitskräfte auf dem Hof und Feld. Jedenfalls scheint sich der damalige Neuenkirchener Pastor Andreas Friedrich Bergstedt persönlich sehr bemüht zu haben, den Erwartungen seiner Vorgesetzten zu entsprechen. Nur stellte sich der Erfolg nicht immer ein, wie er im Jahre 1718 zu Protokoll gibt: "Hinrich Böhling aus Schwalingen, ein großer Junge, weil er nicht nach der Schule zu bringen gewesen, so habe ich ihn zu mir genommen, versorget, selbst informiert und zur Schule [in Neuenkirchen] gehen lassen. Ist leider wieder davon gelofen." Im Jahre 1718 hatte Schwalingen also weder einen eigenen Schulmeister noch ein Schulhaus. Nur in Neuenkirchen, Brochdorf, Tewel und Grauen gab es Schulhäuser. In Behningen, Ilhorn und Gilmerdingen gab es zwar auch schon Schulmeister, aber noch keine eigenen Schulhäuser. Die Schule wurde hier reihum auf den Höfen abgehalten. Wenige Jahre später ist auch in Schwalingen ein Schulmeister bestellt. Aber auf ein eigenes Schulhaus warteten die Schwalinger Schüler noch viele weitere Jahre. Die Schule wird auf den 18 Hofstellen des Dorfes reihum abgehalten. Die Reiheleute der Dorf- schaft beherbergen jährlich in festgelegter Reigenfolge den Schulmeister und ggfs. auch seine Familie und stellen für den Schulunterricht den Raum zur Verfügung. Es sollte noch viele Jahrzehnte dauern, bis der Aufsicht führende Pastor mit der Arbeit der ihm untergebenen Lehrer und den Leistungen der Schwalinger Schüler zufrieden sein konnte. So berichtet der Neuenkirchener Pastor Borstelmann im Jahre 1853 an seinen Vorgesetzten nach einer Visition der Schule in Schwalingen: "... [Lehrer] Könemann in Schwalingen durch körperliche Schwache namentlich astmatische Beschwerden, an einer kräftigen Verwaltung des Schuldienstes nicht wenig gehindert wird. Unter den Kindern gibt es nicht viele, die sich durch ihre Kenntnisse und Verstandesbildung rühmlich auszeichnen." Noch im Jahre 1857, bei der förmlichen Vereinbarung des Schwalinger Rezesses zur Gemeinheitsteilung und Verkoppelung , können so einige Schwalinger Hofbesitzer für ihre "Unterschrift" den Rezess nur unterkreuzen - rund 150 Jahre nachdem der erste Schulmeister im Dorf seinen Dienst antrat. Irgendwann zwischen 1718 und 1729 wird also auch in Schwalingen erstmalig ein Schulmeister angestellt. Auf den Dörfern hatten sie die Bezeichnung "Nebenschulmeister". Nur das Kirchdorf Neuenkirchen hatte einen Haupt- oder Kirchspielschulmeister, der vom Konsitorium ernannt wurde. Die Nebenschul- meister wurden vom Pastor in ihr Amt eingesetzt, er war ihr Dienstvorgesetzter. Bezahlt wurde der Schulmeister von den Eingesessenen des Dorfes durch das Schulgeld, das sie aufzubringen hatten. Je nach Anzahl der zu unterrichtenden Schüler erhielt der Nebenschulmeister im Jahr zwischen 10 und 20 Thaler Einkünfte. Zusätzlich hatte er "freie Hut und Weide sowie Torfstich und Heidehieb" auf den Gemeinheitsflächen der Dorfschaft. Trotzdem reichten die Einkünfte des Lehrers an einer Dorfschule wohl meist nicht aus, besonders, wenn eine Lehrerfamilie "durchzubringen" war. Daher überrascht es nicht, dass Nachrichten überliefert sind, dass der Lehrer sich auch mit dem Schnitzen von hölzernen Löffeln, Schaufeln, Schleefe usw. ein zusätzliches Einkommen verschaffte. Er schnitzte wohl auch während des Unterrichtes seiner Schüler ... Im Jahre 1729 ist Andreas Friedrich Gebers Nebenschulmeister in Schwalingen. Er ist 26 Jahre alt (*1703) und nachgeborener Sohn vom Schwalinger Halbhof "Eggers". Seit November des Jahres 1729 ist er mit der zwei Jahre älteren Elisabeth Catharina Baden verheiratet, Tochter eines Hausbesitzers in Neuenkirchen. Ein Jahr später, im Dezember 1730 stirbt sie mit ihrem Sohn bei dessen Geburt. Im Januar 1733 stirbt Andreas Friedrich Gebers, er wurde nur 29 Jahre alt. Nachfolger als Nebenschulmeister in Schwalingen wird der 33jährige Hinrich Christoph Schröder. Er war zuvor Schulmeister in Behningen und übernimmt nun die vakante Stelle in Schwalingen. Mit seiner Ehefrau Anne Ilse, geborene Brügmann und zwei Kindern nimmt er Wohnung bei einem der Schwalinger Reiheleute. Die Umstände unter denen Hinrich Christoph Schröder seinen Schulunterricht abhalten muss, sind sicher sehr ungünstig und beengt gewesen. Schon zwei Jahre nach seinem Dienstantritt bittet er seinen Dienstvorgesetzten Pastor Welle in Neuenkirchen um ein eigenes Schulhaus im Dorf. Das Gesuch wird aber offensichtlich nicht erhört, denn noch im Jahre 1740 wohnt der Schulmeister Hinrich Christoph Schröder mit seiner Ehefrau und fünf Kindern statt im eigenen Schulhaus bei einem der Reiheleute, nämlich auf der Schwalinger Brinkköthnerstelle "Menken" bei der Familie des Brinkköthners Claus Tödter. In dieser Zeit, einige Jahre vor dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges, hat Schwalingen mit seinen 18 Hof- und Feuerstellen knapp 160 Einwohner. Letzlich ist es wohl Hinrich Christoph Schröder doch gelungen ist, seine Vorgesetzten zu bewegen, auch in Schwalingen ein eigenes Schulhaus errichten zu lassen: Denn als er mit 63 Jahren im Jahre 1763 stirbt, wird in den Akten des Neuenkirchener Amtsvogtes Johann Christoph Findorf schon seit drei Jahren für die Dorfschaft Schwalingen ein Schulhaus aufgeführt. Es liegt am nördlichen Dorfrand, zwischen dem Halbhof "Tönners" und dem "Moorflath". Hinrich Christoph Schröder wird es wohl auch betrieben haben, dass seine Nachfolge einem Schulmeister seiner Wahl zufällt: Ab 1763 übernimmt sein Schwiegersohn Hinrich Christoph Brüggemann die Stelle des Nebenschullehrers zu Schwalingen. Er ist Sohn eines Häuslings in Kempen und zuvor Lehrer zu Behningen gewesen. Seit 1759 ist er mit der ältesten Tochter von Hinrich Christoph Schröder, Clara Elisabeth, verheiratet. Nun beziehen sie die neue Schulkate in Schwalingen. Für das zum Schulhaus gehörende Gartenland muss Schulmeister Hinrich Christoph Brüggemann jährlich 1 Gutegroschen an die Amtsvogtei Neuenkirchen als Steuer bezahlen. 25 Jahre lang ist Hinrich Christoph Brüggemann Schulmeister in Schwalingen. Er stirbt 1788 an Schwindsucht. Zum Nachfolger von Hinrich Christoph Brüggemann als Nebenschullehrer zu Schwalingen ernennt der Neuenkirchener Pastor Hönert den 21jährigen Hinrich Christoph Hoops. Er ist nachgeborener Sohn des Gilmerdinger Neubauern Christopher Hoops. Sein älterer Bruder Hans Christoph Hoops ist bereits Lehrer zu Behningen. Im November des folgenden Jahres 1789 heiratet der Schwalinger Schulmeister Hinrich Christoph Hoops die 22jährige Anne Margarethe von Fintel, Haustochter vom Schwalinger Halbhof "Fintelmann". Sie haben 9 Kinder in ihrer Ehe.
Das in dieser Zeit gegen Ende des 18.Jahrhundert hier vorhandene Schulhaus war in ziemlich gutem Zustand, wie in Dokumenten überliefert ist. 39 x 29 Fuß, 8,4 Fuß hoch (11,4 lang und 8,5m breit, 2,5m hoch). Die Schulstube: 11 x 12 x8 Fuß, (3,2m lang 3,5m breit, 2,3m hoch) also mit abgeschrägter Decke. Es war auch ein schlechter Brunnen dabei und ein Garten von 160 Fuß im Umkreis (ca.130m2) dessen Befriedung der Schulmeister selbst unterhält.” Im Jahre 1798 gelingt es dem Dorfschulmeister zu Schwalingen, Hinrich Christoph Hoops, in seinem 32. Lebensjahr, sich gegen den Widerstand der Schwalinger Eingesessenen als Neubauer in Schwalingen ansetzen zu lassen. Der Widerstand der Schwalinger wird sich allerdings wohl nicht gegen ihn persönlich gerichtet haben. Denn die Ansetzung neuer Bauern im Dorf durch die Obrigkeit brachte für die Eingesessen grundsätzliche Probleme mit sich, mussten sich doch die neuen berechtigten Mitglieder der Dorfschaft an ihren Rechten zur Weide und Hut in der Gemeinheit und bei der Lenkung der Geschicke des Dorfes beteiligen. Es ist anzunehmen, dass seine Verwandschaft als Schwiegersohn mit dem einflussreichen Halbhöfner “Fintelmann” Hinrich Christoph Hoops die Durchsetzung seiner Ansiedelung als Neubauer in der Dorfschaft erleichterte. Hinrich Christoph Hoops errichtet auf dem ihm zugewiesenen Platz am "Moorflath" am westlichen Dorfrand seine neue Hoftstelle: die Neubauerstelle "Kröger", heute Schwalingen No.24. Schon bald zieht er aus dem beengten Raum der kleinen Schulkate mit seiner großen Familie in das neue große Wohnhaus auf seiner Neubauerstelle um, es ist 11,4m lang und 10,4m breit. Der Schuluntericht findet aber weiterhin in der alten Schulkate statt. Im Jahre 1821 ist Hinrich Christoph Hoops bereits 54 Jahre alt und 33 Jahre als Schulmeister zu Schwalingen im Dienst der Kirche, als der 34jährige Ernst Gerhard Goebel Pastor zu Neuen- kirchen und damit sein unmittelbarer Dienstvorgesetzter und "Schulaufseher" wird. In seiner Rolle als "Schulaufseher" wird Ernst Gerhard Goebel von einem Zeitgenossen so beschrieben: "Pastor Goebel war sehr streng und herrisch gegen die Schullehrer. In den Konferenzen hat er sie lesen, rechnen und hersagen lassen und sie wie die Schulbuben gewaltig gescholten, so daß sie oft weinend wieder fortgegangen sind. Alle vier Wochen haben sie Aufsätze machen müssen,... mehr als alle anderen Lehrer der ganzen Inspektion zusammen." Hinrich Christoph Hoops lernt seinen Vorgesetzten, den Pastor Ernst Gerhard Goebel von einer ganz besonderen Seite kennen und ... fürchten, wie der Zeitzeuge berichtet: "Den alten Lehrer Hoops in Schwalingen hat er in der Schule vor den Kindern am Halse gepackt und an seinem wollenen Halstuch geschüttelt, daß die Frau hereingekommen ist und dem Pastor Vorwürfe gemacht hat, er solle ihren Mann nicht erwürgen. - Er ist a la corporal in die Schulstuben getreten mit Sporen und Reitpeitsche." Hinrich Christoph Hoops stirbt 1828. Er wurde 61 Jahre alt. Nach dem Tode von Hinrich Christoph Hoops wird im Jahre 1828 sein Sohn Hans Christoph Hoops von den Juraten der Kirche St.Bartholomäus zu Neuenkirchen gegen die Stimme von Pastor Ernst Gerhard Goebel in das Amt des Nebenschullehrers in der alten Schulkate der Dorfschaft zu Schwalingen eingesetzt. Er ist erst 21 Jahre alt. Wiederholt versucht Pastor Goebel die Absetzung des Lehrers Hoops in der Schwalinger Gemeindeversammlung durchzusetzen, dringt damit aber nicht durch. Doch schon im darauf folgenden Jahr 1829 gibt Hans Christoph Hoops seine Anstellung als Nebenschullehrer zu Schwalingen selbst auf und wandert nach Amerika aus. (Zu seinen Spuren dort siehe "Auswanderer Hoops, Neubauer Kröger”) Seit der Gründung der Schwalinger Schule vor rund 80 Jahren ist das Dorf Schwalingen an Höfen und Menschen stark gewachsen. Statt damals etwa 160 Menschen leben nun, zu Beginn der 1830er Jahre, um 300 Schwalinger im Dorf. Und die damals 18 Hof- und Feuerstellen haben sich inzwischen mit 35 fast verdoppelt. Weitere kommen ständig hinzu - die Zeit der Gemeinheitsteilung und Verkoppelung und damit der Aufschwung ist nun auch in Schwalingen angekommen. Die alte, kleine Schulkate hat ausgedient. Sie ist mit ihren an die 80 Jahren wohl auch nicht mehr in bestem Zustand, auf jeden Fall aber für die vielen Kinder in schulpflichtigem Alter viel zu klein geworden: 50 Schulkinder sind beim Küster in Neuenkirchen für die Nebenschule zu Schwalingen registriert. Die Dorfschaft beschließt, ein neues und größeres Schulhaus ganz in der Nähe der alten Kate zu bauen: heute Schwalingen No.19 "Schlachterhus". Die alte Schulkate aber wird von der Dorfschaft verkauft und ein Anbauer darauf angesetzt ... wird im 2.Teil fortgesetzt... mehr...
So begann es.
Schwalingen um 1770, zu der Zeit, als die erste Schulkate erbaut wurde.
Die Wirtefolge der Schule, später Anbauerstelle “Schoolhus”: ~ 1755 - 1763 Hinrich Christopher Schröder *1700 +1763, Schulmeister 1763 - 1788 Hinrich Christoph Brüggemann +1788, Schulmeister 1788 - 1828 Hinrich Christopher Hoops *1767 +1828, Schulmeister 1828 - 1829 Hans Christopher Hoops *1807 - , Schulmeister
Schule ohne Schulhaus.
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Die ersten Schulmeister.
Das erste Schulhaus.
Der Schulmeister wird Neubauer.
Schulaufsicht.
Ausgedient.
So ähnlich könnte es auch in der ersten Schwalinger Schulkate zugegangen sein.
Lage der Schulkate, später Anbauerstelle “Schooolhus” zu Schwalingen um 1840.
“Die Dorfschule von 1848” Albert Anker 1831-1910
Die Anbauerstelle ‘Schoolhus’ im Heidedorf Schwalingen
- 2020
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